Mietzinsdeckel in Österreich

Die Anpassung von Mieten an die Inflation soll eingeschr?nkt werden

1. Problemstellung

In Anbetracht der seit dem Jahr 2021 eingreifenden, hohen Teuerungsraten stand diesen Sommer bei bis zu 140.000 Haushalten in ?sterreich die vierte Mieterh?hung in 15 Monaten an. Die automatische oder faktische Inflationsanpassung von breitenwirksamen Preisen – sei es Mietzins, seien es L?hne – tr?gt ihrerseits zu einer weiteren Steigerung der Inflation bei. Dadurch entsteht ein vermeintlich nur schwer zu durchbrechender Teufelskreislauf.

Um hiergegen einzuwirken, einigte sich die Bundesregierung Ende August auf einen Mietpreisdeckel. Am 30.08.2023 ist ein Antrag mehrerer Abgeordneter betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz („MRG“), das Richtwertgesetz („RichtWG“) und das Wohnungsgemeinn?tzigkeitsgesetz („WGG“) ge?ndert werden, eingebracht worden („3. MILG“). Der vorliegende Artikel wirft im Folgenden einen Blick auf die beabsichtigte Neuregelung des ?sterreichischen Mietrechts, wobei anzumerken ist, dass die Neuregelungen ihres Beschlusses im Parlament harren und ?nderungen noch m?glich sind.

2. Aktuelle Rechtslage

Vorab eine kurze Einf?hrung in das System der Mietzinsbegrenzung nach dem MRG, die erforderlich ist, den nunmehr diskutierten Mietzinsdeckel zu verstehen:

Wenn eine Wohnung dem Anwendungsbereich des MRG unterf?llt, kann die H?he der Miete entweder in Form des Richtwertmietzinses, des Kategoriemietzinses oder des angemessenen Mietzinses mehr oder weniger strengen Beschr?nkungen der Mietzinsh?he unterliegen. Dabei gelten folgende Grunds?tze: F?r Altbauwohnungen, deren Mietvertrag zwischen dem 1.1.1982 und dem 28.2.1994 unterzeichnet wurde, gilt das System des Kategoriemietzinses. Der Zins f?r Wohnungen, die nach dem vorgenannten Zeitpunkt angemietet wurden, wird anhand des Systems des Richtwertmietzinses reguliert. F?r zahlreiche andere Bestandobjekte gilt das H?chstma? des angemessenen – also markt?blichen – Mietzinses, etwa f?r Gesch?ftsr?ume oder Wohnungen der Kategorie A oder B, die eine Nutzfl?che von mehr als 130 m2 aufweisen.

Der Richtwert ist keine starre gesetzliche Obergrenze, sondern ein zeitlich dynamischer Betrag, der f?r die „mietrechtliche Normwohnung“ festgesetzt wird. Dies ist eine Wohnung der Kategorie A mit einer Gr??e zwischen 30 m2 und 130m2 in einem gut erhaltenen Geb?ude und in durchschnittlicher Lage. Zu den allgemeinen Richtwerten kommen f?r die jeweilige Wohnung geltende Zu- oder Abschl?ge f?r die Wohnumgebung, die Lage im Haus, die Wohnungsausstattung, den Erhaltungszustand des Hauses und die Gemeinschaftseinrichtungen hinzu.

Der dem MRG unterliegene Mietzins darf ex lege – vereinfacht ausgedr?ckt – anhand des Verbraucherpreisindex 2020 unter Ber?cksichtigung einer f?nfprozentigen Schwelle wertangepasst werden. Mit anderen Worten sind Vermieter nach der aktuellen Rechtslage jederzeit – auch unterj?hrig und allenfalls mehrfach pro Jahr – dazu berechtigt, den Mietzins wertanzupassen, sofern das Preisniveau unter Anwendung des Verbraucherpreisindex 2020 eine Ver?nderung von mehr als 5 % erfahren hat.

3. Geplante k?nftige Rechtslage

3.1 Gesetzliche Anpassungen

Die Neufassung der gesetzlichen Vorschrift des ? 16 Abs 6 MRG wird zuk?nftig die Erh?hung der Richtwertmieten, Kategoriemieten und Mieten im ?ffentlichen Wohnbau auf maximal 5 % pro Jahr begrenzen und ausschlie?lich mit 1. April eines jeden Jahres vorgenommen werden d?rfen. Damit soll ein Gro?teil der in ?sterreich vorzufindenden Mieten nicht mehr als 5 % j?hrlich ansteigen k?nnen, auch wenn die Inflationsrate ?ber diesem Niveau liegen sollte. Zus?tzlich soll die Berechnung der Mieterh?hung nicht mehr auf Grundlage der j?hrlichen Inflation, sondern der durchschnittlichen Inflation der vergangenen drei Jahre erfolgen, was zu einer Gl?ttung der Wert?nderung und einer langsameren Wertanpassung f?hren soll.

Vergleichbar angepasst werden sollen Bestimmungen des RichtWG und des Wohnungsgemeinn?tzigkeitsgesetzes („WGG“), um die h?henm??ige Begrenzung der verschiedenen Mietzinsarten sinngem?? auszugestalten.

Sowohl das MRG als auch das RichtWG und das WGG sollen klarstellen, dass die neuen Regelungen f?r die Zukunft gelten und bereits vorgenommene Valorisierungen unber?hrt bleiben.

3.2 Verfassungsrechtlicher Hintergrund

Die Regulierung der Mietzinsh?he im Allgemeinen und deren nicht mehr volle Anpassung an die Inflation im Besonderen stellt tiefgreifende Eingriffe sowohl in die Verm?gensrechte von Immobilieneigent?mern, als auch in den Markt dar.

Das ist wohl auch dem Gesetzgeber bewusst, beabsichtigt dieser doch, weite Teile des 3. MILG in Verfassungrang zu heben, wenngleich die in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen bei dogmatischer Betrachtungsweise keinen engen Konnex zur ?sterreichischen Verfassung aufweisen. Der Gesetzgeber bezweckt vielmehr augenscheinlich, die angestrebten Gesetzes?nderungen faktisch einer Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof zu entziehen, der Gesetze in Verfassungsrang nur mehr dahingehend ?berpr?fen darf, ob Grundprinzipien unserer Verfassung verletzt werden.

3.3 Wie viele Wohnungen werden von den oben genannten Gesetzen erfasst?

Laut Angaben der Bundesregierung sollen die vorgeannten Regelungen rund 75 % aller Mietverh?ltnisse in ?sterreich erfassen. Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf nicht erfasst wird insbesondere der weder dem MRG, noch dem RichtWG und dem WGG unterliegende (frei finanzierte) Neubau.

4. Weiterf?hrende Informationen

Welche Auswirkungen die geplanten regulatorischen Ma?nahmen haben k?nnten und welche Erfahrungen die Bundesrepublik Deutschland mit ihren Eingriffen in die Mietzinsbildung gemacht hat, erfahren Sie in unserem vollst?ndigen Artikel. F?r weitergehende Informationen zu unserem Unternehmen und unserem mietrechtlichen und vertragsrechtlichen Know-How besuchen Sie gerne unsere Website. Sollten Sie Ihr immobilienrechtliches Wissen erweitern wollen, bringen wir Ihnen gerne ein passendes Studium n?her, das von uns mitgestaltet wurde.

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