Digitale Infrastrukturen ver?ndern Beziehungen – pflegen wir sie! Zu den Grundregeln einer glaubw?rdigen Kommunikation geh?ren Pr?senz und Aufmerksamkeit. Schlie?lich ist der Mensch ein Beziehungswesen: Wer nicht richtig kommuniziert, sabotiert die Beziehungsarbeit. Vieles ist selbstverst?ndlich, vieles ist Erziehungssache und einiges ist gelernt. F?r die Businesswelt kommt noch immer der gute, alte Knigge zur Anwendung, um spezifische Verhaltensregeln zu eichen. Das gilt auch und erst recht in der Kommunikation. Doch wie sieht in Hinblick darauf der Business-Knigge 4.0 aus?
Aktuell gibt es einen Boom an Nachfragen rund um das Thema Kommunikations-Knigge. Eher schleichend sind im Zuge der ver?nderten Infrastrukturen viele Verhaltensweisen entstanden, die gewisse Ausw?chse produziert haben – und genau diese gilt es nun wieder einzufangen. Die gro?e Klammer bildet dabei die Frage, wie es uns (wieder) gelingt, mit Stil und Niveau dem Gegen?ber Wertsch?tzung zu zeigen.
Wer heute in eine Sitzung, einen Workshop oder eine wie auch immer geartete Veranstaltung blickt, kennt dieses Beispiel: Bei vielen Teilnehmenden hat sich eine l?stige Verhaltensweise eingeschlichen, die ganz und gar nicht Knigge-like ist. Da wird gleich zu Beginn der Laptop routinem??ig auf den Tisch gestellt und sogleich aufgeklappt. Das Aufklappen der Technik ist ja noch das eine. Auch wenn es per se von vorne oder aus Sicht der Leitungsperson etwas unf?rmig aussieht: Mensch fokussiert auf Maschine. Es ist wie in der IT-Schulung, doch es hat den Beziehungscharme einer Fertiggarage.
Selbst w?hrend dem Start und bei der Begr??ung, vor allem aber im weiteren Verlauf der Veranstaltung findet diese Szene ihre Fortsetzung: Da bleiben die Blicke auf dem Bildschirm, obwohl vorne oder sogar in der Runde gesprochen oder eine Pr?sentation gehalten wird. Die Finger schreiben im Untakt zum Geschehen – ein untr?gliches Zeichen daf?r, dass hier nicht Vorlesungsnotizen wie im Auditorium an der Uni gemacht werden, sondern schlichtweg E-Mails und andere Tasks abgearbeitet werden. Das Ganze wird oft noch garniert mit dem Tippger?usch. Diese akustische St?rung nimmt zu, wenn es harte Plastiktastaturen sind und wird nochmals quadriert, wenn lange Fingern?gel mit im Spiel sind…
Tippger?usch als Normalfall?
Phasenweise scheint das eine Selbstverst?ndlichkeit und zum Normalfall geworden zu sein. Ist das nun mal so? Ist das lediglich die Betrachtung eines vermeintlich stehengeblieben Mittf?nfzigers, der in den Augen vieler den Zahn der Digitalisierung verpasst hat? Nein. Hier sprechen einschl?gige Foren, Essays und Austauschrunden von (auch digitalen) Experten eine klare Sprache: das ist per se unanst?ndig und tendiert zur Respektlosigkeit.
Solches Verhalten kann man in Kauf nehmen wollen, muss sich aber bewusst sein, dass man das ausstrahlt und (aufgrund von R?ckmeldungen) es auch vermehrt so wahrgenommen wird. Genauso unanst?ndig, wie irgendwelche menschliche T?ne von sich zu geben oder ein ungewaschenes Hemd zu tragen. Das ist grunds?tzlich noch nicht folgenschwer, aber l?st in unseren Breitengraden gerade im Businesskontext Reaktionen aus, die nicht zwingend immer ge?u?ert werden – wahrgenommen, angedacht und gemerkt allerdings schon.
Handfeste Studien (beispielsweise einer gro?en Versicherungsgesellschaft) haben sogar die Unaufmerksamkeit in Verluststunden umgerechnet: Wer nicht aufpasst, muss mehr nachfragen. Wer zu wenig Aufmerksamkeit erh?lt, doppelt zeitintensiv nach. Oder hat wichtige Aufgaben nicht geh?rt. Ein Live-Test ?ber mehrere Veranstaltungen zeigte: Bei einer Kurzumfrage ?ber Inhalte von Diskussionsthemen (es geht also nicht nur um allf?llige, langweilige Referate) schneiden die Laptopschreibenden massiv schlechter ab, sie erzielen weniger als 50 Prozent des Resultats der anderen. Fakt ist: Multitasking funktioniert auch dann nicht, wenn man im digitalen Zeitalter lebt. Denn das menschliche Gehirn arbeitet noch identisch wie einst. Und man sieht es der tippenden Person praktisch immer an, ob sie an Notizen zum Livegeschehen schreibt (es gibt tats?chlich einen kleinen Prozentsatz an Menschen, die haben diese Disziplin) oder gerade mit der Beantwortung von Mails besch?ftigt ist. Das eine vom anderen zu unterscheiden, ist ein Sensorium, das wir heute untr?glich haben und sogar mehr, als viele Teilnehmenden ahnen.
Der zugeklappte Laptop als Statement
Es mehren sich unterdessen ebenfalls Meldungen von Menschen, die sich daran st?ren. Darum bin ich pers?nlich in meinen Rollen als Referent, Trainer oder schlichtweg Kommunikator dazu ?bergegangen, aufgeklappte Laptops, wenn es inhaltlich oder methodisch nicht zwingend erforderlich ist, aus meinen Veranstaltungen und Meetings zu verbannen. Echte digitale Freaks nehmen sich ohnehin ein Tablet mit digitalem Schreibstift zur Hand – damit bleiben sie am Geschehen, arbeiten psychomotorisch und haben trotzdem alles digital abgespeichert oder in der Cloud hinterlegt.
Als Gegenleistung gibt es „Office-Zeiten“ innerhalb eines Tages. Das hei?t: Wenn die Gruppe das m?chte, gibt es zum Beispiel ?ber die Mittagspause oder in einer Nachmittagsflaute konkret 30 Minuten Zeit, sich den zwingenden Gesch?ften zu widmen. Sofern das n?tig ist. Einige sehen dann aber doch eine Chance darin, sich mal einen Tag so zu organisieren, dass sie ausnahmsweise eben mal nicht durchgehend erreichbar sind.
Ein zugeklappter Laptop oder einer, der in der Tasche bleibt, kann auch ein Statement sein. Ich selbst erlebte eine Tagung eines exklusiven Clubs mit hochkar?tigen Teilnehmenden. Es ist dort Ehrensache, sich nicht am offenen Laptop um die E-Mails zu k?mmern. Allen in dieser Runde ist klar, dass das sowohl wenig respektvoll ist als auch ein Zeichen von schlechter Organisation.
Blo? nichts verpassen – erst recht drinnen
Und zum Schluss noch dies: Seit einigen Monaten hat die besagte namhafte und durchaus nicht kleine Versicherungsgesellschaft schlichtweg ein Verbot f?r Laptops in Meetings und ?hnlichen Veranstaltungen ausgesprochen. Auf der anderen Seite gilt auch und erst recht: Wer ein Meeting oder beispielsweise einen Workshop leitet, soll den Anspruch haben, so gut vorbereitet zu kommen, dass der innere Drang der Teilnehmenden, drau?en etwas zu verpassen, m?glichst klein ist. Der Qualit?tsanspruch als Gegenleistung muss eben ein hoher sein. Aber auch dar?ber k?nnte man sich innerhalb eines Settings per Feedback austauschen, sofern man die Laptops geschlossen hat…
Fazit
Hier kommen konkrete Tipps, mit denen Ihnen die Kommunikation im Rahmen des Business-Knigges 4.0 gelingt:
1.Laptops sollen geschlossen bleiben, alles andere schr?nkt die Aufmerksamkeit zu stark ein (Gr?nde: Anstand, Multitasking ist nicht m?glich, Effizienz bzw. Vermeidung von Verluststunden, St?rung durch Ger?usch und geistige Abwesenheit).
2.Tablets (oder selbstverst?ndlich auch Papier und immer h?ufiger auch so genannte Kladden) sind f?r eigentliche Meetings- und Kursnotizen sinnvoller.
3.Alternativ k?nnen „Office-Zeiten“ an Randstunden angeboten werden, damit allf?llige, nicht verschiebbare Tasks bearbeitet werden k?nnen.
4.Auch Referierende sollen sich bewusst sein, dass ein lebendiges Meeting, das gut vorbereitet ist, die Grundlage schafft, um die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten.
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