Nein zum Neid! Mit diesen drei erprobten Strategien gegen Neid und Missgunst werden negative Emotionen ?berwunden und Mitarbeiter verbessern sozialen Zusammenhalt und unternehmerischen Fortschritt.
von Dr. Johanna Dahm und Klaus Offermann
Neid ist eine menschliche Emotion, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Eine aktuelle Studie zeigt, dass gerade in Deutschland Neid weit verbreitet ist: 68 Prozent der deutschen Bev?lkerung empfinden Neid gegen?ber Menschen, die finanziell erfolgreicher oder durch gesellschaftliches bzw. soziales Engagement prominenter sind als sie selbst.
Reiche und im Ehrenamt Engagierte am unbeliebtesten
Ob die Diskussion um das Elterngeld oder andere Themen der ?ffentlichen Diskussion: Menschen, die als „Besserverdienende“ bekannt sind, werden genauso ?ffentlich angefeindet wie diejenigen, die sich als Ehren?mtler im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit z.B. gegen?ber den finanziell Erfolgreichen einen Namen machen. Nie allerdings waren Neid und Missgunst gegen beide Gruppen so transparent wie beim Thema Elterngeld. Was „Die Welt“ einmal den“Neidkomplex der Deutschen“ nannte, mutiert zum Konflikt, der l?ngst das soziale Gef?ge der Gesellschaft beeintr?chtigt und den Zusammenhalt schw?cht.
Soziale Auswirkungen von Neid im Unternehmen
„Die Auswirkungen des Neids gehen jedoch ?ber Verschlechterung des sozialen Zusammenhalts weit hinaus. Neid f?hrt auch zu Feindseligkeit und Missgunst in Betrieben“, weiss die Unternehmens- und Organisationsberaterin Johanna Dahm. Sie begleitet Teams und Unternehmen, sowohl durch Aufbau- wie auch durch Transformations- und Downsizing-Phasen. „Seltenst l?sst sich anf?ngliche Begeisterung ?ber weite Strecken aufrecht erhalten. Irgendwann scheiden sich die Geister, Menschen warten darauf, dass anderen ein Fehler unterl?uft und reagieren mit Schadenfreude, echte Bosheit ist dagegen eher selten. Doch wenn es um den besseren Job, das h?here Gehalt, die Sichtbarkeit beim Chef geht, wird aus Spa? schon mal Ernst“.
57 Prozent glaubt, dass Reiche r?cksichtslos sind
Was Dahm aus mehr als 20 Jahren internationalem Management kennt, best?tigt die Forschung: Neid belastet das zwischenmenschliche Verh?ltnis und f?hrt zu einem Klima des Misstrauens und der Feindseligkeit im Unternehmen: 57 Prozent der Mitarbeitenden in deutschen Unternehmen sind der Ansicht, dass nicht gute Ideen, Flei? oder Talente zu Position, Ansehen und damit auch zu einem verdienten Gehalt f?hre sondern Erfolg und Verm?gen „auf dem Buckel anderer Menschen egoistisch und r?cksichtslos ergaunert“ worden sei (Die Welt 2019)
Neid sabotiert die Wirtschaft
Diese Haltung l?hmt laut Johanna Dahm ganze wirtschaftliche Strukturen. Neid und Missgunst behindern den Wettbewerb und k?nnen Innovationen hemmen. Dahm dazu „Ich habe Menschen in Gehaltsrunden erlebt, die andere vor Kollegen mit privaten Vorlieben blo?stellten, oder ihre Vortr?ge unterbrachen, weil diese beim Publikum so gut ankamen. Oder solche, die entgegen vorheriger Zusagen in Abstimmungsrunden oder eben in den sozialen Medien ausf?llig reagierten, um erfolgreichere KollegInnen vor Kunden oder Unternehmen zu sabotieren“. Dahm kennt die Besorgnis der Top-F?hrungskr?fte, dass diese Haltung eine Gefahr f?r Innovation und Unternehmenskultur darstellen kann. „Unsere Leistungsgesellschaft wird ja gerade durch eine Ergebnisgesellschaft abgel?st – Menschen verharren in einem dauernden Gef?hl des Defizits, dass sie im Vergleich zu anderen weniger erreicht haben, ihnen aber mehr zust?nde. Solange Leistung in Stunden Arbeit und nicht in Ergebnissen gemessen wurde, war es einfacher, aber das ?ndert sich rapide“.
Mehr sozialer Zusammenhalt in Teams
Johanna Dahm arbeitet mit ihrem Unternehmenspartner Klaus Offermann in verschiedenen Unternehmens-Projekten, um durch Transfer-Phasen und ?ber Hierarchien hinweg F?hrung zu st?rken, Zukunfts?ngste zu nehmen und den sozialen Zusammenhalt zu st?rken. Offermann ist spezialisiert auf F?hrungskommunikation, kennt die negative Auswirkungen des Neids ebenso wie Dahm aus der eigenen Executive Karriere und wei?: „Empathie und Verst?ndnis sind wichtig, die Erfolge aller sind anzuerkennen, anstatt sie zu beneiden ganz unabh?ngig von Level und sonstigen Privilegien. Aber zugleich sind Wohlstand und Engagement vorurteilsbehaftet. Wenn Menschen sich mit Zeit, Ideen und sonstigem Kapital zur Verf?gung stellen, tragen sie zum Wohl aller bei und dem geb?hrt unser Respekt. Das anzuerkennen, tr?gt ebenso zu Chancengleichheit und gesellschaftlichem Wachstum bei“.
Engagement darf nicht sterben
Offermann bem?ngelt, dass in Deutschland Neid nicht zur befl?gelnden Rivalit?t und zu fairem Wettbewerb wie etwa in den USA anspornt, vielmehr ziehen sich Innovatoren und ehrenamtliche Sponsoren mehr und mehr aus der ?ffentlichkeit zur?ck, weil ihnen sogar Hass entgegenschl?gt: „Es ist ja nicht allein der Wohlstand sondern mehr und mehr Sichtbarkeit und Beliebtheit in der ?ffentlichkeit, die den Stein des Ansto?es bilden. Und wenn Sie sich dann noch f?r Kinder, Umwelt, Equal Pay engagieren, sind Sie gleich ein Gutmensch. Und das ist gewiss kein Oscar-Titel“.
Raus aus der Missgunstfalle – eine wichtige Entscheidung
Johanna Dahm hat sich in ihrer F?hrungskarriere intensiv mit dem Thema Diagnostik auseinandergesetzt und mehr als 1000 Personal Feedbacks f?r Executives erteilt. Ihre Erkenntnis: „Je h?her der Emotionale Quotient, desto h?her ist auch der Impuls beziehungsweise die Kompetenz, Neid zu kontrollieren und die Zusammenh?nge rational zu bewerten. F?llt die emotionale Intelligenz generell weniger hoch aus, so ist die Tendenz zum sozialen Vergleich sehr viel gr??er und damit das Potenzial zum Neid ebenso“. Folglich gibt es also M?glichkeiten, das Neid-Gef?hl zu kontrollieren. W?re es nicht sogar ein Appell an unsere Verantwortung als Gesellschaft, einen positiven Umgang mit Neid zu f?rdern? Zum Beispiel indem wir uns bewusst machen, dass Neid negative Auswirkungen haben kann und uns stattdessen auf Zusammenarbeit und gegenseitige Unterst?tzung konzentrieren. Laut Dahm w?re das eine der wichtigen Schl?sselentscheidungen, um Innovation und unternehmerisches Engagement wieder eine Chance zu geben
F?hrungskr?fte k?nnen unterst?tzen – Klaus Offermann r?t:
Ab einem bestimmten Stand ihrer Entwicklung k?nnen F?hrungskr?fte davon ausgehen, in ihrem direkten Umfeld auf Neid, Misstrauen und Missgunst zu treffen. Zugleich k?mpfen F?hrungskr?fte und Entscheider auch selbst mit den Gef?hlen von Neid, Missgunst und Wehmut bzw. dem unbestimmten Gef?hl, dass andere bevorzugt werden. Was k?nnen Sie nun tun, um sich und andere in diesem Spannungsfeld zu unterst?tzen und die Organisation damit zu unterst?tzen? „Wo Neid auftritt, fehlt es sehr oft an Wertsch?tzung und Respekt – zumal sich selbst gegen?ber, das k?nnen F?hrungskr?fte erkennen“, weiss Klaus Offermann und belegt das an einigen Beispielen:
1. Materieller Besitz:
wir sind neidisch, weil wir das Gef?hl haben, dass andere mehr materielle G?ter oder finanzielle Ressourcen besitzen
2. Erfolg und Leistung:
wir sind neidisch auf Erfolg oder Talent von anderen in einem Bereich, der uns wichtig ist
3. Anerkennung und Aufmerksamkeit:
wir sind neidisch, weil andere mehr Aufmerksamkeit oder Anerkennung erhalten als wir
4. Beziehungen:
wir sind neidisch, weil andere erfolgreichere oder gl?cklichere Beziehungen haben als wir selbst.
5. Selbstwertgef?hl und Selbstbewusstsein :
bei niedrigen Selbstgef?hlen vergleichen wir uns mit anderen und entwickeln Neid auf deren vermeintliche Vorteile bzw. Erfolge
Neid als Ursache von Mobbing und Depression
Neid, eine der 7 Tods?nden, gilt in der Gesellschaft als negativ und als schlechte Emotion. Darum gestehen sich die Betroffenen selbst nicht ein, neidisch zu sein. Vielmehr leugnen sie ihre Gef?hle, reagieren auf die beneidete Person eher abwertend und aggressiv. Neuropsychologen haben bewiesen, dass der daraus resultierende Stress psychische und physische Folgen haben, im schlimmsten Fall Depressionen ausl?sen kann. Aus diesen heraus suchen sich Betroffene auch Mobbing-Opfer, der Neid wirkt f?r Arbeitsverh?ltnisse dann geradezu zerst?rerisch.
3 Strategien gegen Neid in F?hrung und Team
Strategie 1: ?ndere deine F?hrung
Offermann pl?diert klar f?r mehr Transparenz in der Kommunikation: ?ber Entscheidungen und Gr?nde d?rfen keine Missverst?ndnisse entstehen, damit das Vertrauen der Mitarbeitenden von Beginn an da ist. Neid und Missgunst k?nnen deutlich verringert werden, indem Aufgaben gleich verteilt, Zusammenarbeit und Teamarbeit gef?rdert und wertgesch?tzt, die Leistungen aller Mitarbeiter:innen anerkannt und gew?rdigt werden. Entscheider sollten dar?berhinaus durch ihr eigenes Verhalten als Vorbild dienen, indem sie Fairness, Respekt und positive zwischenmenschliche Beziehungen f?rdern. Wenn Entscheider ihren Mitarbeiter:innen Entwicklungsm?glichkeiten bieten und ihre individuellen St?rken und F?higkeiten f?rdern, wird dies dazu beitragen, Neid und Missgunst deutlich zu reduzieren.
Strategie 2: Vernichte den Neid bei der Entstehung
Gerade weil Neid menschlich ist und in Arbeitsumgebungen oft auftreten wird, sollten F?hrungskr?fte die Perspektive der Mitarbeiter:innen und ihre Gef?hle ernstnehmen. Es mache wenig Sinn, Neid als Kleinigkeit abzutun oder jemanden f?r seine Gedanken zu verurteilen. Gleich bei einem Neidverdacht sollten Executives offene Gespr?che f?hren, und der Ursachenforschung vor vermeintlichen pers?nlichen Annahmen Raum geben. Erh?rtet sich der Verdacht, sind Mentorship und Coaching die richtigen Instrumente, um Mitarbeitende an ihre eigenen St?rken zu erinnern und ihre Karriereziele zu verfolgen – hier k?nnen auch Profis unterst?tzen.
Strategie 3: Umgang mit eigenem Neid
Offermann kennt die Disziplin und den hohen Anspruch, den gerade Executives an sich haben – „umso wichtiger, ehrlich zu sich selbst zu sein und anzuerkennen, wenn du neidische Gef?hle hast. Aber gib dem Neid keine Macht ?ber dich“. Viel wichtiger sei es, die genauen Gr?nde des Gef?hls zu erkennen und zu verstehen, was der Neid ausl?st – macht er unsicher, w?tend, ?ngstlich? Manchmal kann es tieferliegende Unsicherheiten oder unerf?llte Bed?rfnisse geben, die den Neid ausl?sen. Dann ist der Neid das Symptom aber nicht die auswirkende Ursache. Immer wieder wichtig seien Perspektivwechsel – Aufmerksamkeit auf deine eigenen St?rken, Erfolge – und Dankbarkeit – Fokus auf das, was im eigenen Leben bereits gelungen ist. Offermann erkl?rt: „Je intensiver das trainiert wird, desto leichter f?llt es, sich von Erfolgen anderer inspirieren statt aus der Bahn werfen zu lassen“. Funktioniere das alles nicht, sollten gerade Executives nicht davor zur?ckschrecken, sich einem Freund oder geschulten Gespr?chspartner zu ?ffnen, denn der Austausch k?nne helfen, Emotionen zu verarbeiten und neue Perspektiven zu gewinnen. „Wir alle d?rfen mal neidisch sein, aber Neid darf eben nicht zu unserem Antrieb werden bzw. unsere Einstellung dauerhaft bestimmen“.
Dr. Johanna Dahm, Entscheidungsexpertin und CEO Dahm International Consulting, mit Sitz in Frankfurt, ber?t Menschen und Organisationen in der Gesch?ftsfeld-Entwicklung und Transformation. Bereits w?hrend der Finanzkrise 2007/08 verhalf sie DAX Unternehmen zur Stabilisierung, 2016-20 unterst?tzte sie mehrere globale Banken und Industrie-Unternehmen bei der Portfolio-Bereinigung und Reorganisation. Heute geh?ren Konzerne, Hidden Champions und Grown Ups zu ihren Kunden. Im Bourdon-Verlag publiziert sie ihre eigene Schriftenreihe „Atlas der Entscheider“. Mehr ?ber Dahm International Consulting unter www.drjohannadahm.com.
Klaus Offermann ist Executive Coach f?r komplexe Unternehmenssituationen.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten unterst?tzt er Top Executives mit Hilfe seiner 2WAR-Formel bei Business Herausforderungen, Ver?nderungen und Change-Prozessen. Sein besonderer Schwerpunkt liegt auf wertebasierter F?hrung mit den vier Attributen: Wertsch?tzung, Wahrnehmung, Achtsamkeit und Respekt. Zudem ist er mehrfacher Bestseller-Autor. https://klausoffermann.com
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