„Vermutlich kennen viele Situationen wie diese: Ein Problem taucht in einem Team oder Projekt auf“, steigt Alice Dehner direkt in das Thema ein. „Stante pedes wird ein Meeting einberufen, um die Situation zu besprechen und zu l?sen. Alle versammeln sich, das Problem wird angesprochen. Und dann geht es los. Die Diskussion ?ber Schuld und S?hne ist entfacht. Jeder, dem versucht wird, die Schuld zuzuschieben, h?lt ein leidenschaftliches Pl?doyer, um das Gegenteil zu beweisen und andere zu beschuldigen und damit die Verantwortung weiterzuschieben.“ Unter Anstrengung werde geschaut, die perfekte Rekonstruktion der Vergangenheit zu finden. Nur dummerweise seien die Erinnerungen ?ber den Informationsfluss, die Zusammenarbeit, die Gespr?che und den genauen zeitlichen Hergang v?llig unterschiedlich. Dies f?hre unweigerlich zu der Streitfrage, wer denn nun mit seiner Rekonstruktion oder inhaltlichen Interpretation recht habe.
„Die n?chste Stufe der Debatte ist erreicht. Nach einer Stunde ist das Meeting vor?ber. Die Schuldfrage ist eventuell gekl?rt und vielleicht habe ja sogar ich recht. Nur das Problem ist immer noch das Problem und vor allem nicht gel?st“, zeigt Alice Dehner weiter die Problematik auf. Recht haben sei ein so sch?nes Gef?hl, dass es wohl zutiefst in den menschlichen Genen eingebrannt zu sein scheine. Auch Alice Dehner habe wahnsinnig gerne recht, berichtet sie schmunzelnd. „Aber recht haben ?ndert leider nichts. Es zeugt vielmehr von menschlicher Gr??e, wenn man es schafft, darauf zu verzichten. Etwas, was ich vergeblich versuche, meiner ?lteren Tochter beizubringen, um Streitigkeiten mit ihrer Schwester zu minimieren.“
In Coachings (und der Erziehung) erz?hle sie gerne die Geschichte vom Rabbi, um die Problematik des st?ndigen Rechthabenwollens zu verdeutlichen: Der Rabbi hat eine offene Sprechstunde. Es begab sich zu einer dieser Sprechstunden, dass ein Mitglied der Gemeinde zu ihm kam und berichtete, wie schlimm sein Nachbar sei, was er alles Schreckliches getan habe, wie er sich von ihm gemobbt f?hle. Zudem versp?re er das Gef?hl, dass sein Nachbar v?llig ?bergriffig mit seinem Grundst?ck umgehe. Der Rabbi h?rte sich alles sehr aufmerksam an und sprach: „Ja, da hast du recht.“ Tief befriedigt geht der Mann nach Hause und denkt sich: „Ich bin ein gl?cklicher Mann. Der Rabbi hat mir recht gegeben.“ Keine halbe Stunde sp?ter steht besagter Nachbar beim Rabbi. Auch er erz?hlt, wie schlimm sein Nachbar sei, was er alles getan und wo er ihn sabotiert habe und wie schlimm er sich generell verhalte. Auch das h?rt sich der Rabbi wieder alles sehr geduldig an und sagt am Schluss: „Ja, da hast du recht.“ Auch der Nachbar geht tief befriedigt aus diesem Gespr?ch heraus und denkt: „Der Rabbi hat mir recht gegeben.“ Da kommt die Frau vom Rabbi zum Rabbi und schimpft: „Ich habe gerade im Hintergrund gearbeitet und beide Gespr?che mitbekommen. Das kannst du doch nicht machen. Du kannst doch nicht dem einen Nachbarn sagen, er h?tte recht und dann dem anderen Nachbarn auch sagen, er h?tte recht.“ Auch das h?rt sich der Rabbi sehr geduldig an und antwortet: „Ja, da hast du recht.“ Recht haben sei keine Kategorie von Probleml?sung, so Alice Dehner. Genauso wenig wie die Schuldfrage. Nichts davon sei hilfreich f?r eine inhaltliche Probleml?sung. Aber auch das scheine ein tiefes inneres Bed?rfnis von Menschen zu sein, auf keinen Fall die Schuld tragen zu wollen. Solange es um die Schuldfrage gehe, werde man immer nur eine an vielen Stellen verzerrte, an anderen Stellen gesch?nte und oft schlicht falsche Version von der Vergangenheit erhalten. An der Vergangenheit k?nne man nichts ver?ndern. Aber man kann aus ihr lernen, wie man mit Themen, die in der Vergangenheit entstanden sind, in der Gegenwart oder Zukunft umgehe, mit dem Ziel, die Entstehung eines Problems zuk?nftig zu verhindern. Alice Dehner f?hrt weiter aus: „M?chte ich als F?hrungskraft Meetings zu mehr L?sungsorientierung f?hren, muss ich es schaffen, die Schuldfrage beiseitezur?umen und den Fokus Richtung Zukunft zu lenken. Folgende L?sungsans?tze haben sich in der Zusammenarbeit mit meinen Kunden bew?hrt: F?hren Sie einen hauptamtlich Schuldigen ein. Das hei?t, in einem Team wird rotierend jeden Monat eine Person festgelegt, die f?r diesen Zeitraum pauschal schuld ist.“
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Komme in Meetings die Schuldfrage auf, k?nne man so schnell intervenieren. „Wer war diesen Monat hauptamtlich schuldig?“ „Das ist Hans.“ „Dann k?nnen wir die Frage ja beiseitelegen und uns direkt um die L?sungsfindung k?mmern.“ Diese systemische Intervention sei extrem hilfreich, um das Augenmerk auf die Zukunft und die Probleml?sung zu lenken. Neben dem hauptamtlichen Schuldigen habe es sich immer bew?hrt genau festzulegen, welches Ziel mit der L?sung zu erstreben ist. Hierbei sollten folgende Fragen gekl?rt werden: „Wie soll der Zielzustand sein?“, „Wie ist es, wenn unser Problem gel?st ist?“, „Was bedeutet es f?r alle Beteiligten und die Abteilung in Summe?“, „Wie pr?gt es die weitere Zusammenarbeit im Team?“, „Wann ist unser Ziel erreicht?“, „Welche Zwischenschritte w?hlen wir?“ Wenn zwischenmenschliche Themen mit einbezogen werden, erh?he dies die Chance, zuk?nftiges Silodenken zu vermeiden. „Und ganz wichtig bei einem solchen Vorgehen ist: Zeigen Sie auf, was schon alles gut l?uft und w?rdigen Sie das angemessen. Stellen Sie im Team folgende Fragen: Was machen wir eigentlich schon alles richtig? Wovon sollten wir mehr machen? Welche Absprachen funktionieren gut? Was k?nnen wir daraus lernen? Und: Geben Sie Schuldzuweisungen und Rechthaberei keinen Raum mehr!“, res?miert Alice Dehner.
In ihrem Business Podcast gibt Alice Dehner regelm??ig Impulse f?r F?hrungskr?fte, Management-Input und Gedanken, die Unternehmen f?r die Zukunft st?rken: www.dehner.academy/podcast/
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